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    NA klar!?

    26.02.2021
    Hannah Hoffmann

    „Wir können genau jetzt einen Unterschied machen!“

    Wie Josua und Tim von "InCualis" die Altenpflege revolutionieren wollen.

    Lassen Sie uns über den Pflegenotstand in Deutschland sprechen! Kein schönes Thema? Das fanden Josua und Tim auch – bis sie beschlossen, ein Teil der Lösung zu sein. Heute haben die beiden ein Unternehmen gegründet, mit dem vor allem die Altenpflege revolutionieren wollen. Wir haben die beiden zum Interview getroffen.

    Nur etwa die Hälfte aller Pflegebedürftigen in Deutschland wird professionell gepflegt. Alle anderen werden in der Regel von Angehörigen betreut – größtenteils mangelhaft bezahlt und unter enormem Kraft- und Zeitaufwand. Eine Studie der AOK ergab zuletzt: Die Arbeitszeit von pflegenden Angehörigen beträgt durchschnittlich 60 Stunden die Woche. In Extremfällen, bei hohen Pflegestufen, sind es sogar 90 Stunden. Dabei wird die Dunkelziffer, also die Pflegenden, die statistisch überhaupt nicht erfasst werden, auf rund 6 Millionen geschätzt. Unter anderem diesen Menschen wollen Josua und Tim von InCualis helfen. Tim hat International Management studiert, Josua ist ausgebildeter Rettungsassistent und am Ende seines Medizinstudiums. Kennen gelernt haben die beiden sich über die Schule – Josuas Vater war Tims Mathelehrer. Heute eint sie vor allem ein gemeinsames Projekt, mit dem sie zuletzt auch NetAachen überzeugten. Der Telekommunikationsanbieter und digitalHUB-Sponsor vergab an die beiden ein einjähriges Stipendium im digitalHUB.

    „Das hat mich zum Nachdenken gebracht!“

    Na.de: Hallo Josua, hallo Tim! Erzählt eure Geschichte doch mal ganz von Anfang an. Wie und wann seid ihr zum ersten Mal mit dem Thema Pflege in Berührung gekommen?

    Tim:Meine Urgroßmutter war pflegebedürftig. Ich hatte zwar keine besonders enge Bindung zu ihr, aber zu sehen, wie in der Familie damit umgegangen wurde, hat mich zum Nachdenken gebracht. Die Aufgabenverteilung unter der Familie und die Einsatzbereitschaft aller Angehörigen bei Problemen aller Art hat mich tief geprägt. Ich habe einfach den Wunsch verspürt bei solchen Teamleistungen zu helfen – und zwar nachhaltig.

    Josua:Bei mir war es ähnlich. Meine Mutter hat meine Großeltern bis zum Tod gepflegt und begleitet. Durch mein Medizinstudium konnte ich sie darin ganz gut unterstützen. Auch die Situation von Freunden von mir und deren Großeltern hat mir geholfen, den wichtigen Perspektivenwechsel hin zu mehr Selbstverantwortung gegenüber der älteren Generation zu vollziehen.

    Na.de: Glaubt ihr, dass das Thema Pflege / Pflegebedürftigkeit von jungen Menschen noch zu sehr ignoriert wird?

    Tim:Ich glaube, dass viele junge Leute das Thema Pflege aus ihrem Leben erstmal ausklammern. Gründe dafür sind verschieden. Ich glaube es hat viel mit dem Zeitgeist der heutigen Gesellschaft zu tun. Die jüngere Generation besitzt durchaus eine andere Mentalität als vor 50 Jahren. Wir müssen uns nichts vor machen: Familie hat nicht mehr den Stellenwert, den es einst mal hatte. Aber ich glaube auch, dass es da draußen viele gibt, die mehr Anteil am Leben ihrer älteren Angehörigen haben möchten, aber nicht genau wissen wie. Wir wollen da Abhilfe schaffen und Wege gehen, die bisher nicht viele gegangen sind. Wir wollen, dass diese beiden Konflikte – der persönliche und der gesellschaftliche – nicht mehr ignoriert werden.

    Josua:Für mich geht es da am Ende auch um Verantwortung. Wir sind zwar noch jung, aber wir können ja jetzt schon sehen, was in den nächsten Jahren passieren wird. Und wir können eben jetzt einen Unterschied machen und die Zukunft mitgestalten.

    Na.de: Dann lasst uns doch mal konkret werden! Ihr möchtet die Zukunft der Pflege mit einer interaktiven App digitalisieren. Wie genau soll das aussehen?

    „Pflege ist und bleibt Beziehungsarbeit!“

    Josua:Für uns steht fest, dass die Arbeit der Pflegenden nicht einfach durch reine Technologie (z.B.: Robotik)  abgelöst wird, denn Pflege ist und bleibt Beziehungsarbeit! Wir entwickeln eine App, in der alle wesentlichen Aufgaben der Pflege zentral organisiert und abrufbar sind. Die Pflegearbeit kann dadurch auf mehreren Schultern verteilt werden. Und sie wird dort institutionalisiert, wo sie in Zukunft stattfinden muss: Innerhalb eines starken Familienverbundes. Das ist in anderen Ländern bereits völlig normal. In Deutschland stehen wir da noch ganz am Anfang.

    Na.de: Das heißt: Die Familie ist der Pflegedienst der Zukunft?

    Josua:Daran kommen wir nicht vorbei. Aktuell entstehen bei diesem Konzept noch viel zu viele Verluste, vor allem natürlich bei den überlasteten Familienangehören. Mit unserer App wollen wir den Familien endlich die Unterstützung an die Hand geben, die sie brauchen. Es geht uns dabei nicht zuletzt um die emotionale und mentale Belastung, die aufgefangen werden muss. Das Ziel ist, dass alle tätig werden können - selbst ein Enkel.

    Tim: Durch den intensiven Austausch mit erfahrenen Pflegerinnen und Pflegern wissen wir, welche Tools die Profis nutzen und wie es ihr Pflege unterstützt. Wir wollen diese Tools anpassen, jeden einzelnen Schritt vereinfachen und auf die Bedürfnisse der pflegenden Angehörigen anpassen. Das bedeutet ganz konkret: Es kann über ein Pflegetagebuch dokumentiert werden, sodass sowohl die  Bestimmung als auch die Anpassung des Pflegegrades vereinfacht wird; die Dokumentation wird automatisch einer Plausibilitätsprüfung unterzogen; die Kontaktaufnahme mit den Krankenkassen wird automatisiert,  die Kommunikation innerhalb des Pflegekreises und zwischen pflegender und zu pflegender Person wird sicher und einfach ermöglicht …

    Josua:… unsere Vision ist: Wir wollen alle notwendigen Hilfestellungen in einer App darstellen – und dann gerne noch weitere Features, wie zB Entertainmentprogramme wie Schach oder Kreuzworträtsel, damit die Pflegebedürftigen die App nicht ausschließlich mit ihrer eigenen Bedürftigkeit in Verbindung bringen. InCualis soll auf Dauer wie ein Abo-Modell funktionieren. Es gibt eine Basis-App mit den wesentlichen Funktionen. Alle weiteren Module lassen sich dann ganz einfach hinzubuchen und im Familienverbund nutzen.

    Na.de: Also frei nach dem Spotify-Prinzip „Einmal zahlen und gemeinsam nutzen“?

    Josua:Genau. Am Ende gilt es schließlich, die nächste Generation, zu der wir ja selber gehören, beim Thema mit an die Hand zu nehmen. Durch die App können alle Familienmitglieder indirekt lernen, wie die Pflege ihrer Angehörigen funktioniert.

    „Unser nächster Step? Feedback!“

    Na.de: Wo genau steht ihr denn mit InCualis? Was ist der nächste Step für euch?

    Josua:Wir werden bald mit dem ersten Entwicklungsstand an die Menschen herantreten, die die App später nutzen sollen, sprich: Wir wollen vor allem Feedback! Natürlich ist auch die Datensicherheit ein Thema, das wir im Fokus haben. Wir wollen, dass die Clouds von Anfang an lokal gehostet werden. Die NetAachen ITS (die jüngst gegründete IT-Schwester der NetAachen; Anm. d. Red.) hat uns hier bereits Unterstützung zugesichert, was für uns natürlich super ist!

    Na.de: Was habt ihr für Erfahrungen im Incubator Program des digitalHUB gemacht?

    Josua:(lacht) Unsere Ideen und Visionen wurden im digitalHUB erstmal gehörig auf den Kopf gestellt. Wir haben gelernt, nicht starr an irgendwelchen Vorstellungen festzuhalten und stattdessen alles an Input und Feedback aufzunehmen, was da kommt. Wir kamen anfangs ins Incubation Program und wollten als ambulanter Pflegedienst mit eigenen Pflegern zeigen, wie das mit Hilfe der Digitalisierung funktionieren kann – im Life Lab quasi. Das war alles mit viel zu hohen Kosten und Einschränkungen seitens der Krankenkassen verbunden. Jetzt adressieren wir die pflegenden Angehörigen ganz direkt – und sind damit viel näher dran, nicht nur am strukturellen Problem, sondern eben auch an der strukturellen Lösung! Und damit sind wir aktuell sehr happy!

    Na.de: Josua, Tim, vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt!

    Zu Besuch: Tim und Josua bei uns im NetAachen-Headquarter am grünen Weg.
    Behind the Scenes: "Ich war sehr nervös beim Incubator Batch!", erinnert sich Josua.
    Denn: "Rein digital ist so ein Pitch vor einem Haufen virtueller Zuschauer einfach komisch. Am Ende hat aber alles super geklappt!"

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